Spaß im Alltag
Nizza (Frankreich), 15. Juni 2012 - Schrille Knallbüchse? Nee - ist er nicht. Ford setzt beim neuen Focus  ST auf eine gehörige Portion Alltagstauglichkeit. Ob das passt, testen  wir mit der jetzt wieder verfügbaren Kombi-Version des Kompakten, dem  Turnier.
Drei für die Welt zu wenig
In Sachen  Karosserievarianten hat sich bei der jetzt dritten Generation des Focus  ST was getan: Einen Dreitürer wird es nicht mehr geben, dafür aber  wieder einen Kombi - der stand schon in der ersten Generation von 2002  zur Verfügung. Angeblich hat die Mehrheit der Kunden auf den angepeilten  180 Märkten keinen Bock auf einen Focus-Dreitürer. Äußerlich  unterscheidet sich der neue Welt-ST vom normalen Focus mit seinem  eigenständigen Kühlergrill, seinen 18-Zoll-Rädern, seinen  Seitenschwellern und seinem beachtlichen Dachkantenspoiler. Auffällig  ist das an eine stilisierte, liegende Acht erinnernde mittige Endrohr -  ob das auch soundmäßig was drauf hat, klären wir noch.
Enge Zwinge
Die  Kabine des ST ist serienmäßig mit Recaro-Sportsitzen ausgestattet.  Diese sorgen mit steifem Seitenhalt für die Beine und regelrechtem  Zangengriff für den Rücken beim lustigen Heizen für einen verrutschfrei  auf dem Gestühl arretierten Körper. Auch wenn die Sitze wie einteilige  Rennsport-Sessel aussehen: Ihre Kopfstützen lassen sich verstellen.  Weitere eigenständige Merkmale sind das ST-Lenkrad und der silberfarbene  Schalthebel-Knauf mit roter Kulisseneinprägung. Die  Innenraumverarbeitung und die Oberflächenmaterialien gehen in Ordnung.  Nur die Türfüllungen könnten noch ein paar Körnchen Hochwertigkeit  vertragen. Der Navi-Bildschirm ist zudem gestrig klein - größer wird er  erst mit der Einführung des Focus electric Ende 2012. Dann steht das  integrierte, auch auf Sprachbefehle hörende, Bediensystem "Sync"  vollumfänglich zur Verfügung. Die drei Zusatzinstrumente mit den Zeigern  für die Öltemperatur, den Turbodruck und den Öldruck sitzen nun in  einem frisch abgeflachten Design oben auf dem Armaturenbrett -  unseretwegen hätten hier die klassischen Rundinstrumente bleiben können.
Platz und Schilder
In  die Kombiversion des ST passt im Vergleich zum normalen Fünftürer eine  ordentliche Portion zusätzliches Gepäck: 476 bis 1.516 Liter sind 160  bis 368 Liter mehr als beim Nicht-Kombi (316 bis 1.148 Liter). Der  Turnier ist beim Leergewicht gerade mal 24 Kilogramm schwerer als sein  anderer ST-Bruder. Eine recht dezent verbaute Neuerung gibt es noch aus  dem Cockpit zu vermelden: die Verkehrszeichen-Erkennung. Oben rechts  wird in der Anzeige des Bordcomputers die aktuell erlaubte  Höchstgeschwindigkeit anhand von am Straßenrand erkannten Schildern  eingeblendet. Auch wenn Einschränkungen wie "nur bei Nässe" oder  zeitliche Limitierungen vom System nicht wahrgenommen werden, ist es  doch zur groben Erinnerung ganz brauchbar.
Ausgewogen
Der  ST liegt einen Zentimeter tiefer als die nicht ganz so sportlichen  Serienmodelle. Vorder- und Hinterachsaufhängung sowie die Lenkung wurden  der gesteigerten Athletik angepasst. Aus der Mittellage heraus wirkt  die Lenkung noch etwas indirekt und synthetisch, beim weiteren Einlenken  passt es dann: Präzise und spielfrei lässt sich der sportliche Kölner  durch die Kurven zirkeln. Wir würden uns zwar noch einen etwas stärkeren  Lenkwiderstand wünschen, merken aber schnell, dass die Lenkkräfte ganz  gut ins Gesamtbild passen.
Nachläufer
Schließlich macht  das Fahrwerk ebenfalls nicht einen auf knallharten Rücken-Mörser. Ganz  im Gegenteil: Selbst extra gemeine Speedbumper werden weitestgehend  ausgebügelt. Beim Spitzkehren-Rasen oder aufgeweckten Kurvenwedeln  klappt es trotzdem: Gewankt wird kaum, der Grip sitzt und der Wagen  verhält sich neutral. Allerdings läuft der Wagen extrem gerne Spurrillen  nach - das Lenkrad sollte der Fahrer fest im Griff haben. Und bei  mittellangen Unebenheiten wird es manchmal etwas hoppelig. Die  Gasannahme passiert nicht nervös, sondern angemessen und die Bremsen  sorgen mit ihrem sauberen Griff für ein Gefühl von Sicherheit.
40 PS mehr als ein Golf GTI
Bei  allem Hang zur Alltagstauglichkeit: Der ST ist auch für Performance  gemacht. Und dafür bekommt er einen starken Motor: 250 PS sind 40 PS  mehr als beim Konkurrenzmodell VW  Golf GTI. 360 Newtonmeter generiert das quer eingebaute Kölner  Vierzylinder-Aggregat maximal. In 6,5 Sekunden huscht der sportlichste  Kompaktkombi im Nicht-Premium-Segment auf Tempo 100 - der GTI ist als  normaler Fünftürer hier mit 6,9 Sekunden dabei. Auch bei der  Höchstgeschwindigkeit wirkt sich die Kraft des ST aus: 248 km/h stehen  hier gegen die 238 km/h des Golf. Die Kraftentfaltung des ST-Triebwerks  hat dabei nichts mit der Wucht eines Hackebeils zu tun: Druckvoll, aber  kultiviert marschiert der Kombi nach vorne und lässt auch bei  Geschwindigkeiten jenseits der 150 km/h gerne noch Reserven frei.
Sound gerettet
Der  Focus ST der zweiten Generation von 2005 war mit einem wunderbar unrund  klingenden Fünfzylinder-Motor unterwegs. Jetzt muss es klanglich ein  Vierzylinder-Aggregat richten. Die Akustiker haben das hinbekommen: Der  schon vom Vorgänger bekannte Soundschlauch wurde an einer weiter hinten  liegenden Stelle des Ansaugtraktes montiert, um die Geräusche besser in  die Kabine zu transportieren. Beim Dahingleiten gibt der ST den  friedlichen Gesellen, beim Beschleunigen wird er zum akustischen  Raufbruder: Trockenes Vierzylinder-Knattern verstärkt das sportliche  Fahrgefühl. Wenn dann noch die Nadel des Turbodruck-Zeigers nach rechts  zuckt, ist das Glück des Lenkers perfekt. Den Durchschnittsverbruch des  ST Turnier gibt Ford mit 7,2 Liter pro 100 Kilometer an - beim GTI wären  es 7,4.
Sechs Gänge für die Hand
Die neuen ST-Modelle  gibt es ausschließlich mit einer Sechsgang-Handschaltung. Angeblich hat  man kein passendes Doppelkupplungsgetriebe gefunden - den Golf GTI gibt  es optional mit einem Doppelkupplungs-System. Vielleicht war Ford die  Integration eines solchen Getriebes auch einfach nur zu teuer. Das  manuell zu bedienende System ist jedenfalls gut abgestimmt und lässt  sich ohne Hakeln bedienen - nur die Schaltwege sind etwas lang geraten.  Schön: Der Motor lässt sich sehr elastisch fahren, der vierte Gang deckt  ein breites Geschwindigkeits-Spektrum für Stadt- und Landstraßenverkehr  ab.
Technische Daten
| Antrieb | Frontantrieb | 
| Anzahl Gänge: | 6 | 
| Getriebe: | Schaltgetriebe | 
| Motor Bauart: | Reihen-Ottomotor | 
| Leistung: | 184 kW (250 PS) bei 5.500 UPM | 
| Hubraum: | 2.000 | 
| Drehmoment: | 360Nm bei 2.000 - 4.500 UPM | 
| Anzahl Ventile: | 4 | 
| Anzahl Zylinder: | 4 | 
Preis
Neupreis: 28.900 € (Stand: Juni 2012)Fazit
Der neue Ford Focus ST ist keine knallharte, prollige Knallbüchse für den rasenden Fahranfänger. Optisch etwas extrovertierter als der VW Golf GTI versucht sich der Kölner erfolgreich an einer gehörigen Portion Alltagstauglichkeit. Trotzdem lässt er sich bei Bedarf ohne Rücksicht auf Benzinverluste auch mal über die Strecke ballern.Der Performance-Motor ist inklusive Sound gelungen und das Fahrwerk ist ausgewogen. Die Lenkung könnte in der Mittellage direkter ansprechen und die Schaltung würde auch mit kürzeren Wegen auskommen. Uns gefällt, dass es vom ST wieder eine Kombi-Variante gibt.Stärken & Schwächen
+ kräftig kultivierter Motor + ausgewogen sportlich + eigenständig gegenüber Nicht-STs + als Kombi verfügbar + passabler Einstiegspreis + ganz manierlich ausgestattet - lange Schaltwege - Lenkung in der Mittellage zu weich
Siehe auch:
Einfahren
   Reifen
 ACHTUNG
Neue Reifen müssen ca. 500 km
eingefahren werden. Während dieser
Zeit muss mit verändertem
Fahrverhalten gerechnet werden.
Bremsen und Kupplung
 ACHTUNG
Übe ...
   
Funktionsbeschreibung
   
Elektronisches
Stabilitätsprogramm (ESP)
A ohne ESP
B mit ESP
 ACHTUNG
Das ESP entbindet Sie nicht von der
Verantwortung, stets aufmerksam
und bedacht zu fahren.
Das ESP unterstü ...
   
Rückfahrkamera deaktivieren
   Beachte: Das Display schaltet erst nach
einer kurzen Verzögerung ab.
Bewegen Sie den Schalterhebel aus der
Rückwärtsgangstellung. ...
   
