Fiat 500 gegen Ford Ka : Kleinwagen-Zwillinge im Fahrbericht

Gesichtslose, langweilige Kleinwagen gibt es nun wirklich genug, Charakterdar­steller und kleine Charmeure sind dagegen Mangelware. Bei Fiat und Ford hat man sich glücklicherweise gegen den Einheitsbrei entschieden und zwei Kleine auf die schmalen Rädchen gestellt, die unter­schiedlicher kaum aussehen könnten und dennoch viel ge­meinsam haben.


 

Der Fiat 500 und der Ford Ka entstehen im selben Fiat-Werk
Fiat hat mit dem 500 ( Fahrbericht Fiat 500 ) das Kind­chenschema derart treffend ins Blech gepresst, dass die Pro­duktionsbänder im polnischen Tichy, von denen er läuft, trotz Absatzkrise im Mehrschichtbe­trieb arbeiten. Dazu trägt über­raschenderweise auch die zweite Generation des Ford Ka ( Einzeltest Ford Ka ) bei, denn der entsteht eben­falls im polnischen Fiat-Werk und ähnelt, gestrippt bis auf seine technischen Innereien, dem Fiat wie Polens Premier Lech seinem Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski.
Der Ford Ka ist deutlich günstiger
Gibt es Unterschiede, die über Kulleraugen-Scheinwerfer und mandelförmige Leuchten hin­ausgehen? Oh ja, die gibt es, wie ein Test mit einem Fiat 500 Lounge und einem Ford Ka Titanium zeigt. Preislich scheint der Fiat zu­nächst völlig abgehoben. 13.000 Euro sind für einen Kleinwagen eine sehr selbstbe­wusste Ansage, die auch noch 1.850 Euro über dem liegt, was Ford für den Ka in der Top-Ausstattung fordert. Ein Blick in die Ausstattungsliste offen­bart jedoch, dass der 500 nicht nur hübsch gemacht, sondern auch nahezu komplett ausge­stattet ist.
Die Aufpreisliste des Fiat 500 ähnelt der eines Oberklasse-Autos
Elektrische Helfer kümmern sich um Fenster und Spiegel, ein CD-Radio um die Unterhaltung, Klimaanlage und Wärmeschutzglas sorgen für angenehme Temperaturen, ein großes Glasdach bringt viel Licht in den Innenraum, und die Bluetooth-Freisprechein­richtung gewährleistet, dass die Hände beim Telefonieren am Multifunktionslenkrad blei­ben können. In den Radhäu­sern stecken beim 500 Lounge zudem 15-Zoll-Aluräder. Die Aufpreisliste ist dennoch so lang wie bei einem gestande­nen Oberklasse-Auto. Selbst ein automatisiertes Schaltge­triebe, Leder für die Innenaus­stattung, ein Schiebedach und geschätzte 500 Gimmicks, mit denen sich das Auto optisch aufrüschen lässt, sind hier zu finden.
ESP gehört nicht zur Serienausstattung des Fiat 500
Ab Herbst ist der 500 Lounge übrigens auch ohne Mehrpreis mit Start & Stopp-Funktion zu haben. Diese Vari­ante stellt dann bei jedem Halt automatisch den Motor ab, um ihn beim Tritt auf die Kupplung wieder anzuwerfen. So soll der Benzinverbrauch um etwa fünf Prozent zurückgehen. Momentan wird in der Fiat-Serienausstattung lediglich ei­ne Position schmerzlich ver­misst, nämlich das ESP (350 Euro). Das hat jedoch auch der Ka nur gegen 360 Euro Auf­preis an Bord, und bei ihm fin­den sich weder Fahrer-Knie-Airbag noch Schiebedach oder Automatik in der Preisliste. Ei­ne ganze Reihe automobiler Annehmlichkeiten (CD-Radio, Freisprecheinrichtung, Klima­anlage, Aluräder, Glasdach, seitliche Kopfairbags) kosten anders als beim Fiat zusätz­liches Geld, was die Autos bei vergleichbarer Ausstattung preislich bis auf wenige Euro aneinanderrücken lässt.
Unterhaltskosten und Verbrauch sind bei beiden nahezu gleich
Auch bei den monatlichen Un­terhaltskosten sind die Unter­schiede gering. Die beiden trennen gerade einmal 19 Eu­ro, die der Ka billiger ist. Dafür ist der 500 beim Spritkonsum etwas zurückhaltender und kommt beim Testverbrauch mit einem Kölschglas weniger Benzin pro 100 km aus. In Zahlen: Der Fiat konsumiert im Mittel 6,7, der Ka dagegen 6,9 L/100 km. Bei äußerst zurück­haltender Fahrweise schrumpft der Verbrauch des 500 auf 5,1 L/100 km. Sparsam gefahren braucht der Ka genauso wenig. Groß sind die Unterschiede beim Blick auf diese Zahlen offensichtlich nicht, aber schon beim Einstieg zeigt sich, wie ausgeprägt die An­dersartigkeit der beiden ist. Der Fiat mit seiner steileren A-Säule macht das Entern leich­ter, der schräge Dachpfosten des Ka lässt den Zustieg für Großgewachsene eine Spur unbequemer werden, wirklich störend wird seine Form aber erst beim Fahren.


 

Der Ford Ka ist für einen Kleinwagen zu unübersichtlich
Hier stellt sich die Säule dem Fahrerblick in Linkskurven massiv in den Weg, das große Spiegeldreieck verschlechtert die Sicht schräg voraus zusätzlich. Aber es kommt noch schlimmer, wie ein Blick über die rechte Schul­ter nach hinten zeigt. Denn ei­ne dynamisch ansteigende Sei­tenlinie, kombiniert mit breiter C-Säule und schmalem Heck­fenster, ist Gift für die Über­sicht, und genau diese Merk­male zeigt der Ka. Eine Einparkhilfe (355 Euro) ist Pflicht - erschütternd für einen Kleinwagen mit nur 3,62 Meter Länge.
Der Fiat gibt sich in diesen Dis­ziplinen entgegenkommender, denn er lässt sich wesentlich besser überblicken, zudem ist er noch einmal acht Zentimeter kürzer und erweist sich so als die geeignetere Parkplatzsuch­maschine in überfüllten Innen­städten. Die geringere Außenlänge schlägt sich übrigens nicht im Platzangebot nieder. Hier herrscht weitgehend Gleich­stand. Vorn sitzen zwei groß­gewachsene Personen, ohne dass unangenehme Enge auf­kommt. Die Sitze sind hier wie dort keine Offenbarung. Der Ford bietet zwar ein Quäntchen mehr Seitenhalt, der eigent­liche Sitzkomfort wird aber durch eine Querstrebe in der Rückenlehne geschmälert, die im Lendenwirbelbereich drückt. Betroffen davon sind vor allem größere Personen, die die Sitzhöhenverstellung auf die tiefste Position stellen. Im Fond herrschen ebenfalls nahezu identische Bedin­gungen, so ist erwartungsge­mäß sehr wenig Beinfreiheit vorhanden. Allerdings sind Kurzstrecken in beiden auch auf der Rückbank erträglich, dazu trägt nicht zuletzt die überraschend große Kopffrei­heit im Fond bei.
Der Ford Ka hat den größeren Kofferraum, der Fiat 500 ist leichter zu beladen
Für den Kleinkram des täg­lichen Lebens finden Fiat- und Ford-Fahrer einige kleinere Ab­lagen. Nur der Ka besitzt je­doch ein ernst zu nehmendes Handschuhfach, der Fiat stellt lediglich eine offene Ablage zur Verfügung. Dafür erleichtert er das Einladen größerer Gegen­stände in den Kofferraum, weil seine Heckklappe fast recht­winklig ausgeformt ist, wäh­rend das Ford-Pendat unten schmaler wird, was auch die Einladeöffnung verkleinert. Ein geringfügig größerer Ford-Kof­ferraum kann diesen Nachteil kaum kompensieren. Zudem schwächelt der Ka beim Thema Anhängelast, er hat schlicht keine. Der 500 darf immerhin 400 ungebremste Kilo in Schlepp nehmen; hat der Hänger eine Bremse, dür­fen es sogar 800 Kilo sein.
Der Ford Ka geht fahrdynamisch etwas spritziger zur Sache
Ratsam erscheint dies aller­dings nicht unbedingt, denn die zur Verfügung stehenden 69 PS stellen in beiden Fällen eine eher milde Motorisierung dar. Wobei der Ka klar sprit­ziger zur Sache geht, was ver­wundert, schließlich sind beide Fünfgang-Getriebe exakt gleich übersetzt. Allerdings treten die Kandidaten auf unterschied­licher Bereifung an. Den for­scheren Antritt untermalt der Ford zudem mit einer etwas kernigeren Aussprache, richtig laut wird er jedoch nicht, selbst bei hohem Autobahn­tempo halten sich die Windge­räusche im Rahmen. Der Fiat gebärdet sich eine Spur zurückhaltender. Sein Temperament ist leicht ge­bremst, die Geräuschkulisse eine Nuance leiser, vor allem aber federt er geschmeidiger. Aber bitte nicht falsch verste­hen, der 500 ist wahrlich keine Sänfte und hoppelt über Frost­aufbrüche eher unbeholfen hinweg. Dennoch schluckt er viele Verwerfungen im Asphalt nicht ganz so hölzern wie der Ka, der auf Reifen mit 50er-Querschnitt steht, während der Fiat mit seinen 55er-Pneus et­was mehr Gummi auf der Fel­ge trägt.

Der Fiat 500 ist insgesamt alltagstauglicher
Andererseits sind die Reifen des Ka etwas breiter, und die zusätzliche Aufstandsfläche kommt ihm beim Bremsen zugute, wo er im unbeladenen Zustand eine knappe Wagen­länge früher zum Stehen kommt. Das ist bei gleichem Gewicht viel. Mit voller Bela­dung bleibt diese Differenz be­stehen. Erfreut wird zur Kennt­nis genommen, dass beide Systeme auch bei Dauerbelastung nicht zum Fading neigen. Am Ende gibt es - trotz aller Gemeinsamkeiten einen Sie­ger. Fiat-Kullerauge ist nämlich nicht nur niedlich und sehr gut ausgestattet, er ist vor allem etwas alltagstauglicher.  

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